Biographie
Weitverzweigte schwäbische Familie, die viele bedeutende Theologen, Juristen, Ärzte, Apotheker und Naturwissenschaftler hervorgebracht hat. Der älteste nachweisbare Ahnherr war der Schulmeister →Michael († 1576) in Weilheim bei Kirchheim unter Teck. Dessen Sohn →Wilhelm (1541–1612) wurde Pfarrer in Gärtringen, Enkel →Wilhelm (1573–1635) und Urenkel →Samuel (1611–1676) waren Spezialsuperintendenten in Böblingen beziehungsweise Herrenberg. Die Enkel des letzteren, →Sigmund Christian (1679–1707), Diakonus in Herrenberg und Liederdichter, und →Wilhelm Christian (1684–1746), Pfarrer in Iptingen, schlossen sich den pietistischen und separatistischen Gegnern der kirchlichen Lehre an. Sigmund Christian wurde deshalb des Landes verwiesen und fand Zuflucht bei den Schwärmern in Schwarzenau bei Berleburg (beide s. Literatur).Wilhelm († 1635, siehe oben) ist der gemeinsame Stammvater der Tübinger, Stuttgarter und Oberbadischen Linien.
Stammvater der Tübinger Linien ist der ApothekerJohann Georg (1674–1728), durch Heirat Inhaber der „Gmelinschen“ Apotheke; er lehrte privatissime Chemie an der Universität Tübingen. Zu seiner Nachkommenschaft gehören namhafte Gelehrte des 18. und 19. Jahrhunderts, Apotheker, Ärzte, Botaniker, Chemiker, Forschungsreisende (s. auch Artikel 2, 3, 4 und deren Genealogien).
Zur Älteren Tübinger Linie gehören nebenJohann Georg (s. 2) undSamuel (s. 4): Wilhelm von G. (württembergischer Personaladel 1871, 1821-86), Senatspräsident am Oberlandesgericht in Stuttgart, Liebhaber-Biologe (insbesondere Algen-, Schnecken-, Käfersammler) (s. Literatur), und seine Kinder →Johann Georg (1861–1911), Oberlandesgerichtsrat in Stuttgart und juristischer Schriftsteller (s. Literatur), und Anna, verheiratet mit dem KunsthistorikerWilhelm von Bode († 1929, s. NDB II). Nachkommen vonChristian Gottlob (siehe Genealogie 4) sind:Ferdinand von G. (württembergischer Personaladel 1823, 1782-1848), Professor der Naturgeschichte und Medizin in Tübingen, FreundUhlands, dessen Bruder →Christian Gottlob (1792–1860), Professor der Chemie und Pharmazie in Tübingen, Erfinder des künstlichen Ultramarins (beide s. ADB IX; Pogg. I; BLÄ), ferner der ReichsgerichtsratFerdinand von G. (württembergischer Personaladel 1873, 1824-96, s. Literatur) und der Landgerichtspräsident →Robert (1850–1945) in Ulm.
AußerLeopold (s. 3) undHermann (s. 1) sind von der Jüngeren Tübinger Linie zu erwähnen:Christian Gottlieb von G. (württembergischer Personaladel 1808, 1749-1818), Professor der Rechte (Kriminalist) in Tübingen (s. Literatur), dessen SöhneChristian Heinrich (1780–1824), Professor der Rechte in Bern und Tübingen (s. ADB IX), undFriedrich von G. (württembergischer Personaladel 1833, 1784-1847), Jurist, Mitglied der ständischen Verfassungskommission bei der konstituierenden Landesversammlung 1819, württembergischer Staatsrat und außerordentliches Mitglied des Geheimen Rats, Abgeordneter zur 2. Kammer (s. ADB IX), →Hermann (1819–88), leitete als Hütten-Ingenieur den Bau und Betrieb von Hüttenwerken in der Bukowina und in Nordamerika, in Wasseralfingen und im Ruhrgebiet (s. Literatur),Friedrich von G. (württembergischer Personaladel 1908, 1846-1918), Oberfinanzrat in Stuttgart, →Karl (1863–1941), doctor medicinae, Sanitätsrat, Gründer des Nordsee-Sanatoriums Südstrand-Föhr (1898) und des Nordseepädagogiums (s. Rhdb., Porträt), →Eberhard (1894–1939), Professor, Chirurg, leitender Arzt des Deutschen Diakonissen-Hospitals in Jerusalem 1926–39, →Otto (1886–1940), Schriftsteller, Verfasser von (vor allem historischen) Romanen und Erzählungen (s. Kosch, Lit.-Lex.), und dessen Bruder →Helmut (1891–1959), Regisseur, Spielleiter in Braunschweig, seit 1934 in Hamburg, hier gründete er 1948 ein „Zimmertheater“, das Vorläufer vieler ähnlicher Unternehmungen wurde, bedeutende Schauspieler und Regisseure anzog und starke Anregungen für eine „intime“ Darstellungsweise des Kammerspiels gab.
Stuttgarter Linien:Johann Georg (1652-1705), württembergischer Hof- und Leibmedikus, und die vier Söhne →Georg Friedrich (1679–1745), württembergischer Hofmedikus und Feldmedikus 1709, →Georg Ludwig (1687–1756), Spezialsuperintendent in Herrenberg und Tuttlingen, →Johann Philipp (1692–1732), Stadt- und Amtsphysikus in Ludwigsburg, württembergischer Hofmedikus, und →Wilhelm Gottfried (1695–1760), Stadtphysikus in Stuttgart und württembergischer Leibmedikus, ferner →Philipp Jakob (1707–81), Oberpfarrer, Konsistorialassessor und Ephorus der Schulen in Speyer, →Walter (1863–1943), Professor der Physiologie und Tierzucht an der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart, dann Leiter des Veterinärwesens in Deutsch-Südwestafrika, Professor der Tierpathologie in Tübingen (s. Literatur), undHans (* 1911), Oberbürgermeister von Tübingen. Ferner →Moriz (1839–79), Archivrat in Karlsruhe, Verfasser vom „Stammbaum der FamilieGmelin“ (1877) (s. Literatur), Paul (* 1885), Physiker, 1914-45 Leiter der Abteilung Betriebskontrolle und des physikalisch-technischen Laboratoriums im Werk Oppau der IG-Farbenindustrie.
Von der Oberbadischen Linie sind zu nennen: →Jeremias (1613–98), Pfarrer in Auggen und Spezialsuperintendent der Landgrafschaft Sausenberg, Liederdichter, verdient um den Wiederaufbau nach dem 30jährigen|Krieg und den Franzoseneinfällen (s. ADB IX). Dessen Urenkel →Georg Adam (1721–99) war 1757-63 als englischer Offizier in Nordamerika und seit 1771 Generalquartiermeister des Oberrheinischen, seit 1782 auch des Kurrheinischen Kreises (1784 Generalmajor). Dessen Neffen waren →Karl Christian (1762–1837), doctor medicinae, Direktor des Naturalienkabinetts und des Botanischen Gartens in Karlsruhe, Verfasser der „Flora Badensis Alsatica“, Freund vonJohann Peter Hebel als „Chrüterma vo Badewiler“ (s. Literatur), und →Wilhelm Friedrich (1760–1820), Kupferstecher in Rom, Mitglied der Akademie San Luca in Rom (s. Literatur). Dessen Sohn →Georg (1810–54) lebte als Landschaftsmaler in Rom (s. Literatur). Ein Neffe vonWilhelm Friedrich, →Alexander Wilhelm (1812–88), war Apotheker und Medizinalrat in Wilna, erhielt 1844 den erblichen Adel und wurde 1872 Wirklicher Staatsrat.
Literatur
L z. Gesamtfam.:ADB IX;
Ersch-Gruber I, 70;
Moriz Gmelin, Stammbaum d. Fam. G., 1877 (mit Einzelbiogrr. u. Stammtafeln);
Eduard Gmelin, Aus d. Gesch. d. Fam. G., in: Bll. f. Württ. Fam.-kde. 2, H. 10, 1927, S. 150-58;
ders., Stammbaum d. Fam. G., Ältere Stuttgarter Linie u. Ältere Tübinger Linie, 1929 (P);
ders., dass., Oberbad. Linie, 1939 (P;beides Fortss. d. „Stammbaums“ v. 1877);
Fam.verband G., Mitt., 1938-58/59;
Ernst Lehmann, Schwäb. Apotheker, 1951 (P);
P. Walden, The G. Chemical Dynasty, in: Journal of Chemical Education 31, Easton, Pa., 1954, S. 534-41 (W, L, P);
H. Hermann, in: Neue dt. Hh. 11, 1955, S. 841-51;
O. Brauss, Stammbaum d. Fam. G., Jüngere Tübinger Linie, 1961;
Heyd II, IV, VI, VIII;
Pogg. - Zu Sigm. Chrstn. u. Wilh. Chrstn.: ADB IX;
F. Jehle, Ein schwäb. Dichterpaar vor 200 J., in: Mschr. f. Gottesdienst u. kirchl. Kunst 23, 1918, S. 192 f.;
- zu Wilhelm:
Hufnagel, in: J.hefte d. Ver. f. vaterländ. Naturkde. in Württemberg, 1887, S. 32-36;
- zu Joh. Gg.:
Schwäb. Merkur, 1911, Nr. 523 u. 533;
- zu Ferdinand:
ebd., 1896, S. 893;
- zu Chrstn. Gottlieb:
ADB IX;
G.-D. Woelki, Ch. G. v. G., e. dt. Kriminalist d. Aufklärung, Diss. Mainz 1958 (ungedr.);- zu Hermann:
E. Hennig, Württ. Forschungsreisende, 1953, S. 31;
- zu Walter:
Dt. tierärztl. Wschr. 46, 1938, S. 175, u. 50/52, 1944, S. 59 f.;
E. Hennig, Württ. Forschungsreisende, 1953, S. 59;
- zu Moriz:
ADB XI;
ZGORh 32, 1879, S. 491-96 (W);
Bad. Biogr. III, S. 50-52;
- zu Karl Chrstn.:
ADB IX;
Bad. Biogr. I, S. 304-07;
E. Strobel, in: Bad. Heimat 40, 1960, S. 206-08 (P);
- zu Wilh. Frdr.:
ADB IX;
Bad. Biogr. I, S. 307;
G. Kircher, Die bad. Kupferstecher Gmelin, Haldenwang, Frommel, Diss. Heidelberg 1922 (ungedr.);erweitert u. mit Abb.Abbildung(en) versehen gedr.gedruckt u. d. T.unter dem Titel Vedute u. Ideallandschaft in Baden u. d. Schweiz 1750-1850, 1928; - ThB;
- zu Georg:
ADB IX;
Bad. Biogr. I, S. 308;
ThB.
Autor/in
W. Theodor ElwertFamilienmitglieder
- Gmelin, Hermann Ernst Gustav
- Gmelin, Johann Georg
- Gmelin, Leopold
- Gmelin, Samuel Gottlieb